Sommernacht

30. November 2020

Es war das erste mal, dass wir uns berührten. Vielleicht hätte es nicht sein sollen, vielleicht hätte es gar nicht anders kommen können.
Mir war bewusst, dass ich eigentlich nicht genau wusste was ich tat, aber dennoch habe ich es getan.
Diese Sommernacht durchlief meinen Körper und erfüllte mich. Ich werde den Geruch der Luft nicht vergessen, es war so angenehm und frisch, so einladend, so wohltuend.
Es war schon sehr dunkel draußen und das einzige was ich sehen konnte war das Mondlicht, dass von deinem Körper reflektiert wurde. Deine Haut schimmerte. Sie hatte einen Glanz auf sich wie eine verborgene Kostbarkeit, die nun zum Vorschein kam.
Meine Augen folgten dem Licht wie es deinen Körper streichelte. Ich sah das Funkeln in deinen Augen und es nahm mir die Last von meinen Schultern.

Ich sah dich an, betrachtete dich. Merkte erst das ich dich anstarrte als du mit deiner Hand gestikuliertest. Habe scheinbar nicht auf deine Worte reagiert. Deiner Gebärden nach zu urteilen schien der Moment meiner Gedankenlosigkeit mehrere Minuten gedauert zu haben.
Aber darüber nachgedacht schien mir dies viel zu übertrieben, es müssen dann doch nur Sekunden gewesen zu sein. Ich berührte dich, streichelte und liebkoste dich.
Ich merkte wie ich dich anlächelte, sogar schon fast bewunderte. Erinnerte mich an Fragmente aus meinem Leben, an denen ich unbeschwert lachen konnte, so wie in diesem Moment. Doch mir viel nichts vergleichbares ein. Der Versuch sich zu Erinnern war zum Scheitern verurteilt.
Habe mir gedacht, wenn das Leben lebenswert war dann gerade jetzt.
Doch zugleich hielt ich diesen Gedanken für absurd. Denn das hieße ich habe mein Leben lang, auf genau jenen Tag hingelebt. Und nun habe ich diesen Tag gelebt und könnte nun von dannen gehen.
Denn ich habe erspäht wie es ist, glücklich zu sein.
Plötzlich überlief mich ein kalter Schauer. Plötzlich überfiel mich die Angst, fühlte mich unwohl, ganz unbehagen, wollte desertieren und fand keine Ausflucht.
Du sprachst zu mir, doch es schien mir dich nicht zu hören, du berührtest mich, doch es schien mir dich nicht zu spüren du blicktest mir in die Augen, doch es schien mir dich nicht mehr zu sehen
Ich entfernte mich von dir. Ich entfernte mich von mir. Wir beide existierten nicht mehr.
Ich verließ meinen Körper und wurde Beobachter. Ich konnte nicht mehr eingreifen. Alles sollte wohl so laufen wie es laufen sollte und ich wurde nicht mehr verlangt.
Es geschah einfach und ich wusste von diesem Augenblick an das dieses Unbeholfensein, diese Knechtschaft, wird mich auffressen, wird nur eine leere Hülle übrig lassen, spürte wie der Fäulnisprozess schon einsetzte. Mein Körper zerfiel zu Staub, meine Seele verfiel zu Staub.
Alles was blieb war eine Erinnerung an eine laue Sommernacht, doch ich, ich würde in Vergessenheit geraten.

    2 Comments

  • h.Flad
    8. Januar 2021
    Reply

    Deine Geschichte erinnert mich an meine Zeit als ich Mentor in HD bei Shared Reading.war In 90 Minuten wurde eine Geschichte gelesen und darüber diskutiert und ein passendes Gedicht dazu gelesen. Es konnte jeder an so einer Gruppe teilnehmen. auch mit diskutieren oder nur zuhören.
    Du berührst etwas in meiner Seele, habe schon eine Weile nicht mehr gelesen,die Pandemie hat die Treffen ja verhindert.
    Ich glaube ich muß dieses Jahr doch wieder meine Leseleidenschaft anstoßen.
    Merci Sam
    Helen

    • sam@kreativnoma.de
      8. Januar 2021
      Reply

      Es freut mich sehr, dass Ich dich durch meine kleine Geschichte angeregt habe, wieder aktiv zu werden!
      Vielen Dank Sam

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